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Orthesen & Bandagen bei Arthrose

Informationsvideo: Orthesen & Bandagen

Bandage oder Orthese – was ist besser für die Therapie der Arthrose geeignet?

Aus Sport oder der Anwendung nach Verletzungen sind die meisten Patienten mit Bandagen (französisch bandage „Verbindung, Vereinigung“) oder Tapeverbänden vertraut. Im Gegensatz zum Tapeverband, der aus klebenden Pflasterstreifen besteht, gibt es verschiedene Formen von Bandagen:

  • elastische Bänder, die zum Schutz um bestimmte Körperpartien gewickelt werden (Boxen, Springreiten etc.).
  • dehnbares, festes Gewebe (Kompressionsgestrick) zur Prophylaxe und Therapie von Gelenksbeschwerden.

Die käuflich erhältlichen Bandagen bestehen in der Regel aus einem solchen Kompressionsgestrick, welches meist über ein Gelenk gezogen wird, das vor übermäßigen Bewegungen geschützt oder gestützt werden soll. Es gibt sie ebenfalls mit Einlagen aus Silikon, sogenannten Pelotten, um zusätzlich Kompression aufzubauen.

Die Orthese ist ein medizinisches Hilfsmittel, das im Gegensatz zur elastischen Bandage meist in Form einer stabilen Schiene getragen wird. Die Orthese hilft Schmerzen zu lindern, die infolge von Überlastungen, Verletzungen, bei Arthrose (degenerative Altersbegleiterscheinung) oder nach Operationen auftreten können. Orthesen können kurzfristig oder dauerhaft zum Einsatz kommen und werden zur Stabilisierung, Entlastung, Ruhigstellung, Führung oder Korrektur von Gliedmaßen eingesetzt. Orthesen benötigen einen stabilen Kraftschluss zum Körper und müssen genau passen bzw. mit Gurten fixiert und „verspannt“ werden. Orthesen sollten deshalb von Orthopädietechnikern individuell angepasst werden. Häufig werden Hand-, Sprunggelenk- und Knieorthesen aber auch Schulter-, Hüftorthesen sowie Orthesen für Rücken und Iliosakralgelenke verwendet.

Für die Therapie der Arthrose können sowohl Bandagen als auch Orthesen zum Einsatz kommen. Bei fortgeschrittenen Arthrosen machen jedoch vor allem Orthesen Sinn, die in der Lage sind die Belastung im Gelenk dauerhaft zu reduzieren oder zu normalisieren, so genannte Entlastungsorthesen.

Wichtige Informationen für Betroffene

Wie funktionieren Orthesen?

Wie schon erwähnt entlastet die Orthese ein Gelenk, indem die Last zum Teil auf die Orthese übertragen wird. Zudem kann die Orthese die Beweglichkeit des Gelenks vermindern oder komplett unterbinden. Orthesen können krankhafte Achsabweichungen korrigieren und eine Extremität „gerade ziehen“. Dabei werden auch Belastungen im Gelenk von stärker geschädigte auf weniger geschädigte Knorpelanteile übertragen. Darin besteht z.B. ein wesentlicher Anteil der Funktionsweise von Entlastungsorthesen für das Kniegelenk bei Gonarthrose.

Was ist der Unterschied zwischen einer Orthese und einer Prothese?

Eine Prothese ersetzt ein fehlendes Körperteil – die Endoprothese wird dabei im Inneren des Körpers verwendet. Eine Orthese erfüllt dagegen die oben genannten Funktionen, wie Stabilisierung, Entlastung, Ruhigstellung, Führung oder Korrektur eines Gelenks oder einer Extremität.

Ist eine Orthese für mein Kniegelenk bei Gonarthrose geeignet?

Diese Frage ist abhängig von der Schwere der Gonarthrose in Ihrem Kniegelenk und kann von Ihrem Orthopäden nach Durchführung einer entsprechenden Untersuchung und Bildgebung beantwortet werden. Prinzipiell sollte eine Arthrose nicht zu weit fortgeschritten und hauptsächlich auf eine Kniegelenksgleitrolle (Kondylus) konzentriert sein (Abbildung 1).

Abbildung 1) Die einseitige (mediale oder laterale) Kniegelenksarthrose ist geeignet für die Therapie mit Orthese
Röntgenbild eines Kniegelenks mit innenseitiger (medialer) Arthrose. Die mediale rechts abgebildete Gelenkseite hat einen deutlich verminderten Gelenkspalt und knöcherne Ausziehungen (Osteophyten). Es ist jedoch innenseitig noch ein Gelenkspalt vorhanden ohne direkten Kontakt von Oberschenkelknochen (Femur) und Unterschenkelknochen (Tibia). Ein solches Gelenk ist geeignet für die Therapie mit einer Orthese.

Innenseitige (mediale) Kniegelenksarthrose

Wie verändert sich die Beinachse und Kniebelastung bei einer Gonarthrose?

Eine Kniegelenksarthrose geht häufig durch den einseitig stärkeren Verlust des Gelenkknorpels mit einer Achsabweichung des Beines einher, entweder als Varus- (O-Bein) oder Valgus-Deformität (X-Bein). Diese führt zu einer Veränderung der Kräfteverhältnisse im Knie und zu einer zusätzlichen Mehrbelastung des ohnehin schon stärker geschädigten Gelenkanteils (Abbildung 2).

Wie funktioniert die Entlastung bei Gonarthrose?

Moderne Entlastungsorthesen können durch verschiedene Wirkungsmechanismen die Gelenkstellung im Kniegelenk oder den Bodenreaktionskraftvektor normalisieren und damit die Kraftverhältnisse im Bein wieder ausgleichen, wodurch eine dauerhafte Beschwerdelinderung erreicht werden kann (Abbildung 3). Dies funktioniert über einstellbare Entlastungsgurte, stabile Gelenkführungen oder die Veränderungen der Fußstellung.

Welche Hilfsmittel machen bei Gonarthrose Sinn?

Neben der Kniegelenksorthese (Abbildung 3) können auch Kniegelenksbandagen, Einlagen und Schuhzurichtungen zum Einsatz kommen.

Abbildung 2) Belastungsverhältnisse im Kniegelenk
Die Gelenkkraft verteilt sich in einem Kniegelenk auf die zwei Gleitrollen. Entscheidend dafür ist der Abstand der Traglinie (Verbindungslinie von Hüft- und Sprunggelenk, Mikulicz-Linie) vom Kniezentrum. Je weiter die Mikulicz-Linie abweicht, desto größere Kräfte werden für das Kräftegleichgewicht notwendig. Links normale Situation mit Durchgang der Traglinie nahezu in der Mitte des Kniegelenks, daneben X-Bein (valgus) und O-Bein (varus) Achsabweichung bei außenseitiger (valgus) bzw. innenseitiger (varus) Arthrose.

Traglinie der unteren Extremität, Mikulicz-Linie, Verbindungslinie von Hüft- und Sprunggelenk

Gibt es auch Hüftgelenksorthesen?

Ja es gibt auch Hüftgelenksorthesen, hier besteht jedoch eine Problematik im stabilen Kraftschuss zum Becken gerade bei adipösen Patienten. Der dazu notwendige „Bauchbeckengurt“ kann meist nicht unter der Kleidung getragen werden oder wird in Verbindung mit einer Bandagen-artigen Hose aus einem Kompressionsgestrick hergestellt. Dies erfordert mehr Aufwand bei der Anpassung vom Orthopädietechnik Mechaniker als auch vom Orthesen-Träger (Abbildung 4). Das Problem der Hüftgelenksorthesen besteht meist in einem Verrutschen der Befestigungselemente auf der Haut und damit in einem Nachlassen der Entlastungswirkung.

Ist eine Orthese für mein Hüftgelenk bei Coxarthrose geeignet?

Diese Frage ist abhängig von der Schwere der Coxarthrose in Ihrem Hüftgelenk und kann von Ihrem Orthopäden nach Durchführung einer entsprechenden Untersuchung und Bildgebung beantwortet werden. Prinzipiell sollte eine Arthrose nicht zu weit fortgeschritten sein und Hüftkopf und Pfanne (Acetabulum) noch kugelförmig zueinander passen.

Welche Hilfsmittel machen bei Coxarthrose Sinn?

Neben der Hüftgelenksorthese (Abbildung 4) können auch Hüftgelenksbandagen, Walkingstöcke oder Gehhilfen und Pufferabsätze zum Einsatz kommen.

Abbildung 3) Entlastungsorthesen für Kniegelenke
Drei verschiedene Entlastungsorthesen für Kniegelenke mit unterschiedlichen Funktionsprinzipien: Die rechte und mittlere Orthese normalisiert über einstellbare Entlastungsgurte und eine Gelenkführung die Beinachse am Kniegelenk. Die linke Orthese wirkt als Unterschenkel-Fuß-Orthese und verändert die Traglinie des Beines unterhalb des Kniegelenkes und den Bodenreaktionskraftvektor.

Entlastungsorthesen für Kniegelenke mit unterschiedlichen Funktionsprinzipien

Wie bekomme ich orthopädische Hilfsmittel?

Orthesen gehören zu den orthopädischen Hilfsmitteln und werde von Ihrem Orthopäden verschrieben und meist mit einer komplexen Konstruktion aus festeren Materialien gefertigt. Um einen stabilen Kraftschluss und eine gute Funktion zu erreichen werden sie in der Regel von Orthopädietechnik Mechanikern an den Körper angepasst.

Was ist beim Tragen zu beachten?

Eine Orthese kann nur bei stabilem Kraftschluss funktionieren und deshalb ist die Anpassung und Passgenauigkeit von großer Wichtigkeit – kontaktieren Sie dazu einen erfahrenen Orthopädietechnik Mechaniker. Weiterhin sollte man sich als Patient mit dem korrekten Anlegen der Orthese auseinandersetzen. Und nicht zuletzt funktioniert die Orthese nur wenn man sie auch wirklich trägt – möglichst lange und regelmäßig…

Gibt es Risiken und Nachteile?

Der durch die Orthese ausgeübte Kraftschluss kann zu Druckstellen führen und die darunterliegende Haut und das Gewebe verletzen. Außerdem besteht eine erhöhte Gefahr der Bildung von Blutgerinnseln (Thrombosegefahr) und Wassereinlagerungen (Ödeme) bei Ruhigstellung des Gelenks durch die Orthese. Durch zu straffe Spanngurte und eine nicht optimale Passform können diese Probleme verschlimmert werden. Das betroffene Gelenk und die umgebenden Bereiche sollten daher regelmäßig von Ihrem Arzt untersucht werden und die Orthese in jedem Fall von einem ausgebildeten Orthopädietechnik Mechaniker angepasst und überprüft werden.

Abbildung 4) Hüftgelenksorthesen
Das Problem der Hüftgelenksorthesen besteht in einem Verrutschen der Befestigungselemente auf der Haut und damit in einem Nachlassen der Entlastungswirkung. Hier sehen Sie die Fixierungstechnik in verschiedenen Ausführungen von verschiedenen Herstellern.

Hüftgelenksentlastungsorthesen mit verschiedenen die Fixierungstechniken

Wie lange am Tag sollten sie getragen werden?

Prinzipiell gilt, je länger die Orthese getragen wird umso besser kann sie auch wirken. Jedoch macht es vor allem Sinn die Orthese bei belastenden Tätigkeiten zu tragen und bei geringer Belastung auf diese zu verzichten. So kann sich Haut und darunter liegendes Gewebe wieder erholen und auch ein Training der gelenkstabilisierenden Muskulatur stattfinden. Lassen Sie sich unbedingt von einem Orthopäden, erfahrenen Orthopädietechnik Mechaniker bzw. Physiotherapeuten beraten.

Wie fest sollte sie sitzen?

Diese ist eine sehr gute Frage, die hier nicht pauschal beantwortet werden kann. Prinzipiell gilt, je fester die Orthese sitzt umso besser funktioniert die Kraftübertragung und Entlastung des Gelenks aber umso größer ist auch das Risiko für die oben beschriebenen Probleme und Nebenwirkungen wie z.B. Druckstellen. Am besten lässt sich das mit einem gut passenden und eingelaufenen Wanderstiefel vergleichen, der soll keine Blasen auslösen aber trotzdem vor dem Umknicken im Sprunggelenk schützen sowie Fuß und Sprunggelenk entlasten. Lassen Sie sich unbedingt von einem erfahrenen Orthopädietechnik Mechaniker beraten und Ihre Orthese von diesem anpassen.

Kann man damit Sport treiben?

Selbstverständlich können und sollen Sie mit Ihrer Orthese auch Sport treiben. Einer der wesentlichen Pfeiler der nicht operativen, konservativen Arthrose Therapie besteht in regelmäßiger Bewegung, Sport und Gewichtsreduzierung. Wichtig dabei ist jedoch das Gelenk nicht zu überlasten und Low Impact Sportarten mit geringer Gelenkbelastung zu bevorzugen wie z.B.: Schwimmen, Wandern, Radfahren, Rudern, Golf, Nordic Walking, Tanzen oder das Gerätetraining im Fitnessstudio. Besprechen Sie Ihre sportlichen Ambitionen mit Ihrem Orthopädietechnik Mechaniker, damit dieser ein optimale Orthese für Sie wählen und entsprechende Anpassungen vornehmen kann.

Kann man damit Auto fahren?

Man kann selbstverständlich mit einer Orthese Auto fahren. Es sollte jedoch Verkehrstüchtigkeit bestehen, und man muss in der Lage sein ein Fahrzeug über längere Zeit und auch bei plötzlich auftretenden Ereignissen sicher im Straßenverkehr zu steuern und zu beherrschen.

Ein ausreichender zeitlicher Abstand zu einer eventuell vorausgegangenen Operation und Fitnesszustand ist die Voraussetzung.

Ich empfehle erst dann Auto zu fahren, wenn man frei, sicher und mit einer gut angepassten Orthese auch im unebenen Gelände und auf der Treppe gehen kann.

Gerne berate und untersuche ich Sie bei allen Hüft- und Kniebeschwerden oder Fragen zu orthopädischen Hilfsmitteln. Sie finden mich in unserer Praxis, dem DEUTSCHEN GELENKZENTRUM, in der ATOS Klinik Heidelberg.

Rufen Sie einfach an, um einen Gesprächstermin zu vereinbaren: 06221 983–180.

Ihr
Prof. Dr. med. Rudi G. Bitsch


Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie,
Spezielle orthopädische Chirurgie