Hinweise zur Kniegelenksoperation

Was sind die wichtigsten Operationsschritte?

Die Implantation eines Kniegelenkes gliedert sich in viele Einzelschritte, die wie folgt zusammengefasst werden können:

Schematisches Planungsbild für die Sägeschnitte einer Knieprothese
Links Schematisches Planungsbild für die Sägeschnitte (Knochenresektion) bei gestrecktem Kniegelenk, so entsteht der Streckspalt (rot) und rechts Schematisches Planungsbild für die Sägeschnitte (Knochenresektion) bei gebeugtem Kniegelenk, so entsteht der Beugespalt (rote Knochenanteile plus Distanz bis zur blauen Linie)

Einzelschritte

  • Vorbereitung der Operation und Lagerung des Patienten
  • Hautdesinfektion und chirurgische Abdeckung des Patienten
  • Narkoseuntersuchung der betroffenen Extremität, um die vor der Operation bestehende Bewegungseinschränkungen und ungleiche Bandstabilität noch einmal ohne Gegenspannen des Patienten überprüfen zu können und die geplante Korrektur zu bestätigen
  • Operativer Zugang zum Kniegelenk
  • Eröffnen des Kniegelenkes, Entfernung der überstehenden knöchernen Anbauten (Osteophyten), Resektion der Menisken und des vorderen Kreuzbands
  • Eröffnen des Markraums des Oberschenkelknochens (Femur), Korrektur der Beinachse, Durchführen des körperfernen (distalen) Sägeschnittes am Oberschenkelknochen
  • Anlegen der Unterschenkelsägelehre (Tibia) unter Berücksichtigung der Neigung (Slope) des Schienbeinkopfes und Durchführung des Sägeschnittes am Schienbeinkopf
  • Überprüfung der Beinachse, Bandspannung und Weite der Sägelücke in Beinstreckung (Streckspalt) mit speziellen Instrumenten
  • Umlagerung des Patientenbeins in die Kniebeugung
  • Messen der Größe der Gelenkfortsätze am Oberschenkel und Überprüfung der optimalen Oberschenkel-Prothesengröße
  • Individuelle Ausrichtung der Drehung (Rotation) der Oberschenkel-Prothese unter Berücksichtigung der Bandspannung und des bestehenden Arthrosemusters
  • Durchführung des vorderen (ventralen) und hinteren (dorsalen) Sägeschnittes am Oberschenkel sowie der gewinkelten Abkant-Sägeschnitte
  • Überprüfung der Bandspannung und Weite der Sägelücke in Kniebeugung (Beugespalt) mit speziellen Instrumenten
  • Messen der Größe der Gelenkfortsätze am Unterschenkel und Überprüfung der optimalen Prothesenrotation, Durchführung der Bohrungen für die Verankerungszapfen der Unterschenkel-Prothese
  • Aufstecken von Probeprothesen auf den Knochen und Überprüfung der Beweglichkeit und Stabilität des Kniegelenkes sowie der Gleitbewegung der Kniescheibe
  • Ersatz der Kniescheibenlauffläche bei entsprechender Arthrose und Beschwerden
  • Röntgen-Durchleuchtungskontrolle
  • Einbringen und Zementieren der originalen Implantate am Oberschenkel, Unterschenkel und ggf. der Kniescheibe
  • Spülung des Kniegelenkes und Entfernung von Zementresten
  • Überprüfung der Bandspannung und Stabilität des Kniegelenkes und Festlegung der optimalen Höhe des Polyethylen-Inlays mit einer Probe
  • Fixierung des endgültigen Polyethylen-Inlays aus einem quervernetzten besonders abriebfesten und gleichzeitig schlagzähen Polyethylen
  • Wundverschluss und Anlage eines Verbandes
  • Begleitung des Patienten, Umlagerungen ins Bett und Überprüfung des Befindens im Aufwachraum

Welche Operationsmethode wird eingesetzt? Was versteht man unter einer modernen individuellen und bandgeführten Operationstechnik?

Bei der Versorgung des Kniegelenkes mit einer Endoprothese sollte eine Ausrichtung der Prothese gewählt werden, die möglichst genau zu den vor der Arthrose bestehenden anatomischen Verhältnissen passt (korrigiertes präarthrotisches Alignement mit möglichst physiologischer Kinematik).

Instrumente zur Einstellung der Rotation einer Knieprothese
Verschiedene Operations-Instrumente zur Einstellung der Rotation der Oberschenkel-Komponente und Festlegung der optimalen Implantat-Position

In Fachkreisen existiert eine kontrovers geführte Debatte darüber, mit welchen Techniken und Implantaten dieses Ziel am zuverlässigsten erreicht werden kann. Dies ist nicht zuletzt dem komplexen Aufbau des Kniegelenkes geschuldet mit individuell unterschiedlicher Gelenk-Geometrie und Bewegungsmustern. Zudem wird es erschwert durch die von der Arthrose verursachten Veränderungen wie z.B. Abweichungen der Beinachse und Bandstabilität.

Es ist deshalb besonders wichtig, jedes Kniegelenk vor der Operation genau zu analysieren, individuell zu korrigieren und möglichst genau und schonend zu operieren. Die bei der Operation notwendigen Korrekturschritte und operativen Einstellungen beeinflussen sich gegenseitig und haben dreidimensionale Auswirkungen auf die Bewegungskurve des Kniegelenkes. Nur genaue Kenntnisse dieser Zusammenhänge und die für Ihr Kniegelenk optimale Einstellung, unter Berücksichtigung der vor der Operation und ggf. auf der Gegenseite bestehenden Verhältnisse, führt zum vollen Erfolg der Knieprothesen-Implantation.

Ob diese Einstellungen mit einer für jeden Patienten individuell hergestellten Knieprothese, mit speziell für Sie hergestellten Säge-Schnittblöcken, computerunterstützt navigiert oder mit speziellen Instrumenten durchgeführt werden, hat bisher in der wissenschaftlichen Literatur noch keinen sicheren Vorteil und damit Durchbruch einer Methode erbracht.

Was versteht man unter Programmen für eine optimierte Genesung (Enhanced Recovery / Rapid Recovery / Care4Today)?

Die Begriffe rund um die „Fast Track Chirurgie“ (Schnellspur-Chirurgie) gehen auf die dänischen Kollegen Henrik Kehlet und Husted und die 1990er Jahre zurück.

Krankengymnastik am Gerät, (KGG
Die Möglichkeiten zur Krankengymnastik am Gerät (KGG) in unserer ambulanten Reha-Abteilung im Haus „Reha an der ATOS“

Es handelt sich um ein Maßnahmenpaket im Krankenhaus, das versucht die allgemeinen Komplikationen nach operativen Eingriffen zu minimieren, den Patienten möglichst wenig zu belasten, die Autonomie des Patienten zu erhalten und die Genesung zu beschleunigen.

Die Hauptbestandteile dieser Programme sind

  • Die optimale Information, Schulung und Vorbereitung des Patienten
  • Die minimalinvasive möglichst wenig belastende Operation
  • Eine optimierte kombinierte (mutimodale) Schmerztherapie
  • Eine intensivierte Rehabilitation und Physiotherapie

Insbesondere in unserem Haus geht es nicht darum Sie schneller zu entlassen, sondern den Krankenhausaufenthalt so angenehm und effektiv wie möglich für Sie und Ihre Gesundheit zu gestalten.

Sehr gerne können Sie bei uns auch über die „normale Verweildauer“ hinaus die Vorzüge unserer hervorragenden Stationspflege, unseres Rehabilitationsteams und der „Rundum-Sorglos Versorgung“ in der ATOS Klinik in Anspruch nehmen.

Patientenzimmer in der ATOS Klinik Heidelberg

Wichtige Maßnahmen vor, während und nach der Gelenkersatzopration

Im Folgenden möchte ich Ihnen einen ungefähren Ablaufplan für die wichtigsten Maßnahmen bei der Durchführung eines künstlichen Kniegelenkersatzes an die Hand geben. Je nach Alter, Gesundheitszustand des Patienten und Operationsablauf sind Abweichungen von diesem Zeitplan möglich:

Patientenzimmer in der ATOS Klinik Heidelberg

Wochen vor der Operation

  • Ärztliche Untersuchung sowie Indikations- und Informationsgespräch
  • Planungsröntgenbilder, Laborkontrolle, ggf. weitere apparative Diagnostik
  • Überprüfung der Operationsfähigkeit durch den Hausarzt und / oder Internist im CheckUp mit der Einstellung möglicher Begleiterkrankungen bzw. Medikamenten-Anpassung
  • Planung der Operation durch den Operateur

Tage vor der Operation

  • Einchecken in der Klinik, Bezug des Zimmers
  • Aufklärungsgespräch
  • Narkosegespräch

Am Operationstag

  • Nüchtern bleiben (kein Rauchen, keine Nahrungsaufnahme)
  • Antibiotikaschutz
  • Mehrfache Kontrolle des Blutverlustes, eine Gabe von Blutkonserven ist in aller Regel nicht notwendig
  • Mehrfache Kontrolle der Schmerzsituation
  • Post-operative Überwachung (Aufwachraum, Überwachungszimmer oder Station)
  • Aufstehen aus dem Bett in aller Regel unter Vollbelastung mit dem Operateur
  • Medikamentöse Vorbeugung von Blutgerinnseln (Thrombose, Embolie)

Tag nach der Operation

  • Physiotherapeutische Behandlung mit Aufstehen aus dem Bett
  • Bestätigung des Reha-Antrags durch die OP-Koordination
  • Erster Verbandswechsel / Drainagen werden in der Regel keine eingelegt

Ab dem 2. Tag nach der Operation

  • Physiotherapeutische Behandlung
  • Gangschule mit Hilfsmitteln und Physiotherapeuten/in
  • Selbständiges Aufstehen und Gehen auf Stationsebene
  • Treppensteigen mit Physiotherapeuten/in
  • Röntgenkontrolle

5-10. Tag nach Operation bzw. nach Erreichen der Entlassungskriterien

  • Entlassungsgespräch
  • Überprüfung der Hilfsmittelversorgung und Dokumente
  • Entlassung nach Hause oder Direktverlegung in die Reha-Klinik

Professor Bitsch, was sind Ihre Tipps für mich und die anstehende Operation?

  • Sie sind ein aktiver Partner, der die Behandlung mitgestaltet! Übernehmen Sie entsprechend Verantwortung für Ihre Gesundheit
  • Schieben Sie die Operation nicht zu lange auf, ein bestehendes Defizit an Kraft und Beweglichkeit muss auch mit dem Kunstgelenk erst mühsam wieder erarbeitet werden. Eine starke Abweichung der Beinachse und Bandinstabilitäten machen die Operation anspruchsvoller und eventuell eine stabilere größere Prothese notwendig.
  • Sanieren Sie mögliche Entzündungsherde rechtzeitig vor der Operation (Zähne, Haut, HNO-Region, Atemwege, Magen-Darm-Trakt, Harnwege)
  • Machen Sie einen Check-Up bei Ihrem Hausarzt oder Internisten mit möglichst aktueller Laborkontrolle inklusive der Entzündungswerte
  • Bringen Sie alle aktuellen medizinischen Unterlagen und Röntgenbilder bei Ihren Besuchen mit
  • Berichten Sie aktiv über die Medikamente die Sie einnehmen, Allergien und Unverträglichkeiten
  • Berichten Sie aktiv über Auffälligkeiten bezüglich Ihrer Blutgerinnung mit Blutungs- oder Thromboseneigung
  • Wählen Sie ein bewährtes Implantat, fragen Sie nach den Standzeiten in den Registern
  • Wählen Sie einen erfahrenen Operateur, fragen Sie nach der Operationshäufigkeit
  • Achten Sie darauf, dass wenn möglich eine Teilprothese oder möglichst wenig gekoppelte Knieprothese verwendet wird und möglichst viel Ihrer natürlichen Gelenkfunktionen erhalten bleiben
  • Achten Sie auf Erfahrungen mit bandgeführten Operationstechniken
  • Achten Sie auf ausreichend Personal und ein angenehmes Umfeld bei Ihrer Behandlung
  • Erneuern Sie ggf. am Operationstag die Markierung des Gelenks nach der Körperpflege
  • Lassen Sie sich in den ersten Tagen nach der Operation ausreichend mit Schmerzmittel versorgen
  • Halten Sie sich an die Ratschläge des Fachpersonals und geben Sie aktiv Rückmeldung
  • Lassen Sie sich in der anschließenden Rehabilitationsmaßnahme nicht ausbremsen, das Bewegungs- und Funktionsausmaß sollte kontinuierlich in Ihrem individuellen Tempo gesteigert werden
  • Beachten Sie die lebenslangen Vorsichtsmaßnahmen für Prothesenträger
  • Bleiben Sie aktiv und nutzen Sie die Möglichkeiten durch Ihr Kunstgelenk

Kommen Sie zu mir, in das Deutsche Gelenkzentrum in der ATOS Klinik Heidelberg dann bin ich sicher, dass alle beschriebenen Punkte befolgt werden!

Vorsichtsmaßnahmen für Prothesenträger: auf was ist mit dem Kunstgelenk zu achten?

Folgende allgemeine Hinweise für den Alltag mit Ihrem Kunstgelenk möchte ich Ihnen mit auf den Weg geben:

Bevor Sie Ihre Lebensqualität dauerhaft einschränken sollten Sie sich bezüglich der Arthrose-Therapieoptionen beraten lassen
  • Wählen Sie Sportarten, die wenig Verletzungsrisiko, Gewichts- und Stoßbelastung für das betroffene Gelenk verursachen (z. B. Schwimmen, Wassergymnastik, Radfahren, Nordic Walking, Skilanglauf, Fitnesstraining, etc.)
  • Optimieren Sie Ihr Körpergewicht: Als Maßzahl für die Bewertung des Körpergewichts kann der „Body Mass Index (BMI)“ errechnet werden: BMI = Körpergewicht (in Kilogramm) / (Körpergröße x Körpergröße) (in Metern). Der Wert sollte beim Erwachsenen 30 kg/m2 (leichtes Übergewicht) nicht überschreiten
  • Vermeiden Sie dynamische Maximalbelastungen (Stöße, Sprünge, Verdrehungen), körperlich einseitige Belastung (z. B. übermäßig langes Stehen und Gehen), das andauernde Heben und Tragen von schweren Lasten sowie sturzgefährdete Tätigkeiten
  • Bitte beachten Sie, dass alle offenen Stellen, Wunden (auch bei operativen Eingriffen) und Entzündungen im Körper zu Prothesenentzündung und -vereiterung (periprothetische Infektionen) führen können (z.B. eitrige Zähne oder Zehennägel, Geschwüre an den Beinen). Entsprechende Erkrankungen sollten rasch und ggf. unter Verwendung eines Antibiotikums behandelt werden, um eine Verbreitung von Bakterien über die Blutbahn zu vermeiden. Häufige „Streuherde“ sind: Zähne, Haut, HNO-Region, Atemwege, Magen-Darm-Trakt, Harnwege
  • Eine regelmäßige Körperhygiene, Haut- und Fußpflege ist von großer Bedeutung
  • Bei hoher beruflicher Belastung sind entsprechende Unterstützungsmaßnahmen erforderlich – wir beraten Sie gerne!
  • Achten Sie in hohem Alter darauf, mögliche Stolperstellen (Türschwellen, Teppichkanten, etc.) in Ihrem Haus und Umfeld zu reduzieren

Prof. Bitsch berät Sie gerne persönlich!

Wir sind für Sie da —
rufen Sie uns an!

Tel.: 06221 / 983 – 180
Fax: 06221 / 983 – 189
gelenkzentrum@atos.de

im DEUTSCHEN GELENKZENTRUM
& der ATOS Klinik Heidelberg
Bismarckstraße 9-15
69115 Heidelberg