
Welche Arten des Gelenkersatzes der Hüfte gibt es?
Aufbau und Komponenten eines künstlichen Hüftgelenks
In der Regel ist ein künstliches Hüftgelenk (Hüfttotalendoprothese, HTEP) modular (aus austauschbaren Einzelteilen bestehend) und wie folgt aufgebaut:
- Prothesenpfanne (Verankerung und Kraftübertragung in der knöchernen Pfanne, Acetabulum)
- Pfanneninlay (Teil der Gleitpaarung, Bewegung des Gelenkes, in Kontakt mit dem Kopf, kann Abrieb produzierten)
- Prothesenkopf (Teil der Gleitpaarung, Bewegung des Gelenkes, in Kontakt mit dem Inlay, kann Abrieb produzieren)
- Prothesenschaft (Verankerung und Kraftübertragung im Oberschenkelknochen, Femur)
Für die einzelnen Komponenten stehen unterschiedliche Materialien zur Verfügung.


Oberflächenersatz des Hüftgelenkes
Eine Ausnahme gibt es diesbezüglich bei den so genannten Kappenprothesen oder dem Oberflächenersatz des Hüftgelenkes. Diese bestehen immer aus Metall und aus nur zwei Komponenten, der Prothesenpfanne und der Prothesenkappe. Der Vorteil besteht in besonders wenig Knochenverlust bei der Implantation am Oberschenkelknochen (Femur), der Nachteil besteht jedoch in eher mehr Knochenverlust auf der Pfannenseite (Acetabulum), einem deutlich erhöhten Risiko für Lockerungen, Knochenbrüche (Schenkelhalsfrakturen) und für Gewebsreaktionen gegen die metallischen Abriebspartikel. In meiner Praxis findet dieser Prothesentyp deshalb normalerweise keine Anwendung.


Kurzschaftprothesen
Für jüngere Patienten gibt es eine wichtige weitere Variante, die sich in den letzten Jahren in Deutschland zunehmend etabliert: Die Kurzschaftprothese mit zusätzlicher Keramik-Keramikgleitpaarung. Bei der Implantation muss der Oberschenkelknochen (Femur) hier weniger tief ausgehöhlt werden im Vergleich zur Standard-Hüfttotalendoprothese. Die Gleitpaarung ist abriebärmer, was weniger Knochenverlust aus Prothesenabrieb und ein geringeres Lockerungsrisiko bedingt. Die Erfahrungen mit diesem Prothesentyp sind deutlich geringer mit mittelfristigen Registerdaten aber bei richtiger Anwendung auch sehr gut. Diesen Implantat-Typ empfehle ich hauptsächlich jungen Patienten, die während ihrer Lebenszeit eventuell mit einer Wechseloperation rechnen müssen.
Bei der Kurzschaftprothese verzichtet man jedoch im Vergleich zum Normalschaft auf Verankerungsfläche. Für die knochensparende Prothesenversorgung sollte deshalb die Knochenqualität gut sein, um sicher ein haltbares Ergebnis erzielen zu können. Des Weiteren ist nicht jede Knochenform für eine Kurzschaftprothese geeignet.
Ich führe deshalb vor jeder Operation eine entsprechende Planung mit Computersimulation durch und ggf. zusätzlich eine Messung der Knochendichte um das geeignete Prothesenmodell festzulegen.
Hüftschaftprothesen
Die Hüftschaftprothese in normaler Länge, mit abfallender Prothesenschulter wird in vielen Kliniken weltweit als Standard-Implantat verwendet. Mit mehreren Modellen dieses Prothesentyps liegen deshalb sehr große Erfahrungen sowie lange und sehr gute Registerdaten vor. Diesen Implantat-Typ verwende ich deshalb auch sehr gerne für meine Patienten.

(Teil-)Zementierte (Hybrid-)Hüftprothesen
Bei Patienten mit sehr schlechter Knochenqualität, starker Osteoporose oder zum Beispiel mit einer Sturzanamnese kann es auch weiterhin notwendig werden „den sichersten Weg zu gehen“ und eine zementierte oder teilzementierte (Hybrid-) Hüftprothese zu verwenden.

Langschaftprothesen
In besonderen Fällen, wie zum Beispiel bei Knochenbrüchen, Tumoren und Wechseloperationen, können tief im Knochen verankernde Langschaftprothesen zum Einsatz kommen.

Wie häufig werden Hüftprothesenimplantationen in Deutschland durchgeführt?

Im Jahr 2017 wurden im Deutschen Endoprothesenregister (ERPD) 140.871 Erstimplantationen am Hüftgelenk dokumentiert. Ungefähr drei Viertel der Implantationen erfolgten aufgrund von Hüftarthrose, etwa ein Viertel aufgrund von Schenkelhalsfrakturen, ca. 4 % erfolgten bei Patienten unter 50 Jahren.
Unter der Berücksichtigung der Altersverteilung in der Bevölkerung liegt die Häufigkeit der Implantationen von künstlichen Hüftgelenken in Deutschland auf einem mittleren Platz unter den westlichen Industriestaaten (OECD).
Bei welchen Erkrankungen und Verletzungen erfolgt die Empfehlung zum Hüftgelenkersatz?
Die meisten der oben genannten Hüfterkrankungen können neben der (primären idiopathischen) Coxarthrose ohne erkennbaren Grund zur Ausbildung einer sekundären Arthrose führen und diese in ihrem Spätstadium zur Notwendigkeit der Implantation eines Kunstgelenkes führen.


Wann ist die Implantation eines künstlichen Hüftgelenks sinnvoll und gibt es Alternativen?
Ein künstliches Hüftgelenk macht in fortgeschrittenem Arthrose-Stadium Grad III oder IV nach Kellgren und Lawrence Schweregrade der Arthrose Sinn, wenn ein unwiederbringlicher Knorpelverlust besteht und Formveränderungen zu biomechanischen Problemen führen. Weiterhin sollten folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Sind alle diese Kriterien erfüllt, so handelt es sich beim künstlichen Hüftgelenk um eines der sichersten, zuverlässigsten und langlebigsten Operationsverfahren das die moderne Medizin anbieten kann und in aller Regel gibt es deshalb keine bessere Alternative für Sie.
Was sind die wichtigsten Operationsschritte?

Einzelschritte
- Vorbereitung der Operation und Lagerung des Patienten
- Hautdesinfektion und chirurgische Abdeckung des Patienten
- Minimalinvasiver operativer Zugang zum Hüftgelenk
- Eröffnen des Hüftgelenkes
- Entfernung der erkrankten Knochenanteile, des Hüftkopfes und knöcherner Anbauten
- Präparation des Prothesenlagers an der Pfanne mit einer Kugelfräse
- Einbringen der Pfannenprothese
- Umlagerung des Patientenbeins
- Präparation des Prothesenlagers am Oberschenkelknochen mit Formraspeln
- Einbringen des Prothesenschaftes
- Einrenken der Prothese mit einem Probeimplantatkopf und Einstellen der optimalen Länge und damit Gelenkstabilität
- Überprüfung von Bewegungsausmaß, Gelenkstabilität, Beinlänge und Implantat-Position
- Röntgen-Durchleuchtungskontrolle
- Einbringen des originalen Impantatkopfes
- Spülung der Wunde und Wundverschluss
- Anlage des Verbandes
- Begleitung des Patienten, Umlagerungen ins Bett und Überprüfung des Befindens im Aufwachraum
Schematischer Ablauf einer modernen Kurzschaft-Hüftprothesen-Implantation (Optimys® Schaft, aneXys® Pfannensystem, Firma Mathys)
Was versteht man unter modernen minimalinvasiven MIS-Operationstechniken? Was versteht man unter der AMIS Methode? Welche Vor- und Nachteile gibt es? Welchen Zugang verwenden Sie?

Folgende operative Therapiemaßnahmen kommen für das Hüftgelenk in Frage:
- von vorne (anterior / DAA engl.: direct anterior approach) nach Smith-Petersen oder Hueter
- von vorne-seitlich (anterolateral) nach Watson-Jones
- direkt von der Seite (direkt lateral) nach Bauer oder Hardinge
- von hinten (posterior) nach Moore
Grundsätzlich gilt, dass endoprothetische Operationen über alle gängigen Zugänge gut und sicher durchgeführt werden können und in den großen Vergleichsstudien langfristig keine relevanten Unterschiede bestehen.
Vor- und Nachteile der verschiedenen Zugänge
Vergleicht man die Vor- und Nachteile der Zugänge so sind diese hauptsächlich durch das unterschiedliche Verletzungsrisiko von benachbarten Strukturen bedingt, die in der Regel durch eine sorgfältige Operationstechnik vermieden werden können. Diese sind:
- von vorne (anterior / DAA engl.: direct anterior approach) nach Smith-Petersen oder Hueter
- von vorne-seitlich (anterolateral) nach Watson-Jones
- direkt von der Seite (direkt lateral) nach Bauer oder Hardinge
- von hinten (posterior) nach Moore
Die Implantation einer Hüftprothese kann über alle Zugangswege zum Gelenk gut und sicher durchgeführt werden. In den großen Vergleichsstudien bestehen keine langfristigen Unterschiede.
Minimalinvasive Zugänge zum Hüftgelenk, rot: AMIS Zugang, grün: ALMIS Zugang – bei beiden Zugängen werden keine Muskeln abgelöst oder durchtrennt, man nutzt eine Muskellücke vor oder hinter dem Oberschenkelbindenspanner (M. tensor fasciae latae)
Von mir verwendete gewebeschonende Zugänge
In den letzten Jahren geht die Entwicklung jedoch zunehmend in Richtung moderner gewebeschonender minimalinvasiver (MIS) Operationsmethoden. Diese sind besonders gut über direkten vorderen (AMIS) und über den Zugang von vorne seitlich (ALMIS) durch die Verwendung von natürlichen Muskellücken ohne Ablösung oder Durchtrennung von Muskulatur möglich.
- von vorne gewebsschonend (AMIS / engl.: anterior minimally invasive surgery)
- von vorne-seitlich gewebsschonend (ALMIS / engl.: anterolateral minimal invasive surgery)
Gerade in der Frührehabilitation nach der Endoprothesenoperation kommt es dadurch zu erheblichen Vorteilen: Weniger Blutverlust, weniger Komplikationen, weniger Schmerzen, eine beschleunigte Wundheilung und schnellere Rehabilitation bei besserer Funktion und Kraft.
Bei uns sind beide minimalinvasiven Verfahren (AMIS und ALMIS) unter Verwendung eines besonders sicheren und jederzeit direkt vom Operateur steuerbaren Operationstisches möglich.
Abhängig von Ihrer Anatomie, dem gewünschten Implantat und eventuellen Voroperationen wird für Sie und mit Ihnen individuell der optimale operative Zugangsweg zum Gelenk ausgewählt und eine minimal-invasive Technik verwendet.
Was versteht man unter Fast Track Hüft-Chirurgie und Programmen für eine optimierte Genesung (Enhanced Recovery / Rapid Recovery / Care4Today)?

Es handelt sich um ein Maßnahmenpaket im Krankenhaus, das versucht die allgemeinen Komplikationen nach operativen Eingriffen zu minimieren, den Patienten möglichst wenig zu belasten, die Autonomie des Patienten zu erhalten und die Genesung zu beschleunigen.
Die Hauptbestandteile dieser Programme sind
- Die optimale Information, Schulung und Vorbereitung des Patienten
- Die minimalinvasive möglichst wenig belastende Operation
- Eine optimierte kombinierte (mutimodale) Schmerztherapie
- Eine intensivierte Rehabilitation und Physiotherapie
Insbesondere in unserem Haus geht es nicht darum Sie schneller zu entlassen, sondern den Krankenhausaufenthalt so angenehm und effektiv wie möglich für Sie und Ihre Gesundheit zu gestalten.
Sehr gerne können Sie bei uns auch über die „normale Verweildauer“ hinaus die Vorzüge unserer hervorragenden Stationspflege, unseres Rehabilitationsteams und der „Rundum-Sorglos Versorgung“ in der ATOS Klinik in Anspruch nehmen.
