Die Endoprothetik / Der künstliche Ersatz des Hüftgelenks

Übersicht Hüftprothesen und Gleitpaarungen
Übersicht Hüftprothesensystem und Gleitpaarungen

Welche Arten des Gelenkersatzes der Hüfte gibt es?

Über Hemiprothese des Hüftgelenkes oder Duokopfprothese / Oberflächenersatzprothese des Hüftgelenkes oder Kappenprothese / Hüfttotalendoprothese als Standardprothese, Kurzschaftprothese oder Langschaftprothese / Zementfreie Hüftprothese, Zementierte Hüftprothese oder Hüftprothese in Hybrid-Technik.

Aufbau und Komponenten eines künstlichen Hüftgelenks

In der Regel ist ein künstliches Hüftgelenk (Hüfttotalendoprothese, HTEP) modular (aus austauschbaren Einzelteilen bestehend) und wie folgt aufgebaut:

  • Prothesenpfanne (Verankerung und Kraftübertragung in der knöchernen Pfanne, Acetabulum)
  • Pfanneninlay (Teil der Gleitpaarung, Bewegung des Gelenkes, in Kontakt mit dem Kopf, kann Abrieb produzierten)
  • Prothesenkopf (Teil der Gleitpaarung, Bewegung des Gelenkes, in Kontakt mit dem Inlay, kann Abrieb produzieren)
  • Prothesenschaft (Verankerung und Kraftübertragung im Oberschenkelknochen, Femur)

Für die einzelnen Komponenten stehen unterschiedliche Materialien zur Verfügung.

POLARSTEM und R3-Pfanne
Modularer Aufbau eines Hüftprothesensystems in normaler Länge mit Keramik-Keramik Gleitpaarung (POLARSTEM® und R3®-Pfanne)
Gleitpaarungen Hüftprothese
Übersicht über die möglichen Gleitpaarungen eines Hüftprothesensystems (Pinnacle®-Hüftpfanne) von links nach rechts: Metall-Polyethylen, Keramik (BIOLOX®forte)- Polyethylen, Keramik (BIOLOX®delta)-Keramik

Oberflächenersatz des Hüftgelenkes

Eine Ausnahme gibt es diesbezüglich bei den so genannten Kappenprothesen oder dem Oberflächenersatz des Hüftgelenkes. Diese bestehen immer aus Metall und aus nur zwei Komponenten, der Prothesenpfanne und der Prothesenkappe. Der Vorteil besteht in besonders wenig Knochenverlust bei der Implantation am Oberschenkelknochen (Femur), der Nachteil besteht jedoch in eher mehr Knochenverlust auf der Pfannenseite (Acetabulum), einem deutlich erhöhten Risiko für Lockerungen, Knochenbrüche (Schenkelhalsfrakturen) und für Gewebsreaktionen gegen die metallischen Abriebspartikel. In meiner Praxis findet dieser Prothesentyp deshalb normalerweise keine Anwendung.

Birmingham Hip Resurfacing BHR
Kappenprothese des Hüftgelenkes am Beispiel des Birmingham Hip Resurfacing (BHR®)
Hueft-TEP Optimys RM Pressfit bewegt
Modularer Aufbau einer Kurzschaft-Hüftprothese (Optimys® Schaft, RM Pressfit vitamys® Pfanne, Firma Mathys)

Kurzschaftprothesen

Für jüngere Patienten gibt es eine wichtige weitere Variante, die sich in den letzten Jahren in Deutschland zunehmend etabliert: Die Kurzschaftprothese mit zusätzlicher Keramik-Keramikgleitpaarung. Bei der Implantation muss der Oberschenkelknochen (Femur) hier weniger tief ausgehöhlt werden im Vergleich zur Standard-Hüfttotalendoprothese. Die Gleitpaarung ist abriebärmer, was weniger Knochenverlust aus Prothesenabrieb und ein geringeres Lockerungsrisiko bedingt. Die Erfahrungen mit diesem Prothesentyp sind deutlich geringer mit mittelfristigen Registerdaten aber bei richtiger Anwendung auch sehr gut. Diesen Implantat-Typ empfehle ich hauptsächlich jungen Patienten, die während ihrer Lebenszeit eventuell mit einer Wechseloperation rechnen müssen.

Bei der Kurzschaftprothese verzichtet man jedoch im Vergleich zum Normalschaft auf Verankerungsfläche. Für die knochensparende Prothesenversorgung sollte deshalb die Knochenqualität gut sein, um sicher ein haltbares Ergebnis erzielen zu können. Des Weiteren ist nicht jede Knochenform für eine Kurzschaftprothese geeignet.

Ich führe deshalb vor jeder Operation eine entsprechende Planung mit Computersimulation durch und ggf. zusätzlich eine Messung der Knochendichte um das geeignete Prothesenmodell festzulegen.

Hüftschaftprothesen

Die Hüftschaftprothese in normaler Länge, mit abfallender Prothesenschulter wird in vielen Kliniken weltweit als Standard-Implantat verwendet. Mit mehreren Modellen dieses Prothesentyps liegen deshalb sehr große Erfahrungen sowie lange und sehr gute Registerdaten vor. Diesen Implantat-Typ verwende ich deshalb auch sehr gerne für meine Patienten.

Hüftschaftprothesen in normaler Länge
Hüftschaftprothesen in normaler Länge, POLARSTEM® und R3®-Pfanne, Corail-Schaft und Pinnacle-Pfanne

(Teil-)Zementierte (Hybrid-)Hüftprothesen

Bei Patienten mit sehr schlechter Knochenqualität, starker Osteoporose oder zum Beispiel mit einer Sturzanamnese kann es auch weiterhin notwendig werden „den sichersten Weg zu gehen“ und eine zementierte oder teilzementierte (Hybrid-) Hüftprothese zu verwenden.

Hybrid-Versorgung teilzementiert
Prothesenkombination für eine Hybrid-Versorgung des Hüftgelenkes (Pinnacle®-Hüftpfanne zementfrei, Corail®-Hüftschaft zementiert)

Langschaftprothesen

In besonderen Fällen, wie zum Beispiel bei Knochenbrüchen, Tumoren und Wechseloperationen, können tief im Knochen verankernde Langschaftprothesen zum Einsatz kommen.

Prothesenkombination für eine Wechseloperation
Prothesenkombination für eine Wechseloperation des Hüftgelenkes (Pinnacle® Revision Hüftpfanne, Corail® Revision Hüft-Langschaftprothese)

Wie häufig werden Hüftprothesenimplantationen in Deutschland durchgeführt?

Logo des deutschen Endoprothesenregisters
Logo des deutschen Endoprothesenregisters

Im Jahr 2017 wurden im Deutschen Endoprothesenregister (ERPD) 140.871 Erstimplantationen am Hüftgelenk dokumentiert. Ungefähr drei Viertel der Implantationen erfolgten aufgrund von Hüftarthrose, etwa ein Viertel aufgrund von Schenkelhalsfrakturen, ca. 4 % erfolgten bei Patienten unter 50 Jahren.

Unter der Berücksichtigung der Altersverteilung in der Bevölkerung liegt die Häufigkeit der Implantationen von künstlichen Hüftgelenken in Deutschland auf einem mittleren Platz unter den westlichen Industriestaaten (OECD).

Bei welchen Erkrankungen und Verletzungen erfolgt die Empfehlung zum Hüftgelenkersatz?

Die meisten der oben genannten Hüfterkrankungen können neben der (primären idiopathischen) Coxarthrose ohne erkennbaren Grund zur Ausbildung einer sekundären Arthrose führen und diese in ihrem Spätstadium zur Notwendigkeit der Implantation eines Kunstgelenkes führen.

Arthrose Stadium Hüfte
Einteilung der Arthrose-Schweregrade nach Kellgren und Lawrence von Grad I oben links bis Grad IV unten rechts
Röntgenbild Beidseitigen Hüftkopfnekrosen
Fortgeschrittene destruierende Hüftarthrose (Coxarthrose) auf dem Boden von beidseitigen Hüftkopfnekrosen nach hoch dosierter Cortison Stoßtherapie bei Mb. Crohn

Wann ist die Implantation eines künstlichen Hüftgelenks sinnvoll und gibt es Alternativen?

Ein künstliches Hüftgelenk macht in fortgeschrittenem Arthrose-Stadium Grad III oder IV nach Kellgren und Lawrence Schweregrade der Arthrose Sinn, wenn ein unwiederbringlicher Knorpelverlust besteht und Formveränderungen zu biomechanischen Problemen führen. Weiterhin sollten folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

Sind alle diese Kriterien erfüllt, so handelt es sich beim künstlichen Hüftgelenk um eines der sichersten, zuverlässigsten und langlebigsten Operationsverfahren das die moderne Medizin anbieten kann und in aller Regel gibt es deshalb keine bessere Alternative für Sie.

Was sind die wichtigsten Operationsschritte?

Die Implantation eines Hüftgelenkes gliedert sich von der Vorbereitung der OP bis zum Aufwachen im Aufwachraum, in viele Einzelschritte.

Schematische Darstellung der Pfannenimplantation
Schematische Darstellung der Pfannenimplantation, aneXys® Pfannensystem, Firma Mathys

Einzelschritte

  • Vorbereitung der Operation und Lagerung des Patienten
  • Hautdesinfektion und chirurgische Abdeckung des Patienten
  • Minimalinvasiver operativer Zugang zum Hüftgelenk
  • Eröffnen des Hüftgelenkes
  • Entfernung der erkrankten Knochenanteile, des Hüftkopfes und knöcherner Anbauten
  • Präparation des Prothesenlagers an der Pfanne mit einer Kugelfräse
  • Einbringen der Pfannenprothese
  • Umlagerung des Patientenbeins
  • Präparation des Prothesenlagers am Oberschenkelknochen mit Formraspeln
  • Einbringen des Prothesenschaftes
  • Einrenken der Prothese mit einem Probeimplantatkopf und Einstellen der optimalen Länge und damit Gelenkstabilität
  • Überprüfung von Bewegungsausmaß, Gelenkstabilität, Beinlänge und Implantat-Position
  • Röntgen-Durchleuchtungskontrolle
  • Einbringen des originalen Impantatkopfes
  • Spülung der Wunde und Wundverschluss
  • Anlage des Verbandes
  • Begleitung des Patienten, Umlagerungen ins Bett und Überprüfung des Befindens im Aufwachraum

Schematischer Ablauf einer modernen Kurzschaft-Hüftprothesen-Implantation (Optimys® Schaft, aneXys® Pfannensystem, Firma Mathys)

Was versteht man unter modernen minimalinvasiven MIS-Operationstechniken? Was versteht man unter der AMIS Methode? Welche Vor- und Nachteile gibt es? Welchen Zugang verwenden Sie?

Rotex Table® der deutschen Firma Condor
Besonders sicherer und jederzeit direkt vom Operateur steuerbarer Operationstisch (Rotex Table® der deutschen Firma Condor) für minimalinvasive Verfahren (AMIS und ALMIS)

Folgende operative Therapiemaßnahmen kommen für das Hüftgelenk in Frage:

Grundsätzlich gilt, dass endoprothetische Operationen über alle gängigen Zugänge gut und sicher durchgeführt werden können und in den großen Vergleichsstudien langfristig keine relevanten Unterschiede bestehen.

Vor- und Nachteile der verschiedenen Zugänge

Vergleicht man die Vor- und Nachteile der Zugänge so sind diese hauptsächlich durch das unterschiedliche Verletzungsrisiko von benachbarten Strukturen bedingt, die in der Regel durch eine sorgfältige Operationstechnik vermieden werden können. Diese sind:

  • von vorne (anterior / DAA engl.: direct anterior approach) nach Smith-Petersen oder Hueter
  • von vorne-seitlich (anterolateral) nach Watson-Jones
  • direkt von der Seite (direkt lateral) nach Bauer oder Hardinge
  • von hinten (posterior) nach Moore

Die Implantation einer Hüftprothese kann über alle Zugangswege zum Gelenk gut und sicher durchgeführt werden. In den großen Vergleichsstudien bestehen keine langfristigen Unterschiede.

Minimalinvasive Zugänge zum Hüftgelenk, rot: AMIS Zugang, grün: ALMIS Zugang – bei beiden Zugängen werden keine Muskeln abgelöst oder durchtrennt, man nutzt eine Muskellücke vor oder hinter dem Oberschenkelbindenspanner (M. tensor fasciae latae)

Von mir verwendete gewebeschonende Zugänge

In den letzten Jahren geht die Entwicklung jedoch zunehmend in Richtung moderner gewebeschonender minimalinvasiver (MIS) Operationsmethoden. Diese sind besonders gut über direkten vorderen (AMIS) und über den Zugang von vorne seitlich (ALMIS) durch die Verwendung von natürlichen Muskellücken ohne Ablösung oder Durchtrennung von Muskulatur möglich.

  • von vorne gewebsschonend (AMIS / engl.: anterior minimally invasive surgery)
  • von vorne-seitlich gewebsschonend (ALMIS / engl.: anterolateral minimal invasive surgery)

Gerade in der Frührehabilitation nach der Endoprothesenoperation kommt es dadurch zu erheblichen Vorteilen: Weniger Blutverlust, weniger Komplikationen, weniger Schmerzen, eine beschleunigte Wundheilung und schnellere Rehabilitation bei besserer Funktion und Kraft.

Bei uns sind beide minimalinvasiven Verfahren (AMIS und ALMIS) unter Verwendung eines besonders sicheren und jederzeit direkt vom Operateur steuerbaren Operationstisches möglich.

Abhängig von Ihrer Anatomie, dem gewünschten Implantat und eventuellen Voroperationen wird für Sie und mit Ihnen individuell der optimale operative Zugangsweg zum Gelenk ausgewählt und eine minimal-invasive Technik verwendet.

Was versteht man unter Fast Track Hüft-Chirurgie und Programmen für eine optimierte Genesung (Enhanced Recovery / Rapid Recovery / Care4Today)?

Die Begriffe rund um die „Fast Track Chirurgie“ (Schnellspur-Chirurgie) gehen auf die dänischen Kollegen Henrik Kehlet und Husted und die 1990er Jahre zurück.

Reha an der ATOS
Die Möglichkeiten zur Krankengymnastik am Gerät (KGG) in unserer ambulanten Reha-Abteilung im Haus „Reha an der ATOS“

Es handelt sich um ein Maßnahmenpaket im Krankenhaus, das versucht die allgemeinen Komplikationen nach operativen Eingriffen zu minimieren, den Patienten möglichst wenig zu belasten, die Autonomie des Patienten zu erhalten und die Genesung zu beschleunigen.

Die Hauptbestandteile dieser Programme sind

  • Die optimale Information, Schulung und Vorbereitung des Patienten
  • Die minimalinvasive möglichst wenig belastende Operation
  • Eine optimierte kombinierte (mutimodale) Schmerztherapie
  • Eine intensivierte Rehabilitation und Physiotherapie

Insbesondere in unserem Haus geht es nicht darum Sie schneller zu entlassen, sondern den Krankenhausaufenthalt so angenehm und effektiv wie möglich für Sie und Ihre Gesundheit zu gestalten.

Sehr gerne können Sie bei uns auch über die „normale Verweildauer“ hinaus die Vorzüge unserer hervorragenden Stationspflege, unseres Rehabilitationsteams und der „Rundum-Sorglos Versorgung“ in der ATOS Klinik in Anspruch nehmen.

Patientenzimmer in der ATOS Klinik Heidelberg
Patientenzimmer in der ATOS Klinik Heidelberg